Don Alessandro und Don Camillo
Manch einer kennt noch die alten Satire-Geschichten von Don Camillo und Peppone. Aber wer weiß schon, dass das Vorbild für diese Romanfigur in Trepalle wirkte?
Und das kam – kurzgefasst – so:
In Lazzate missfiel der Priester Don Alessandro der Kirche wegen seiner abweichenden Meinung und wurde 1929 nach Trepalle strafversetzt. Doch dort ging es gerade so weiter, weitab vom fernen Rom stellte er sich auf die Seite der armen Bevölkerung, die sich oft nur durch lebhaften Schmuggel (Livigno mit dem Ortsteil Trepalle ist zollfreie Zone) über Wasser halten konnte, und beschaffte für sie den ersten Stromgenerator über die Schweizer Grenze. Eines Tages entgegnete er einem Anwalt (gekürzt, vgl. untenstehendes Buch S. 31-32): „Für den grenzenlosen Allmächtigen gibt keine Grenzen, darüber hinaus bin ich kein Schmuggel-Priester, sondern höchstens der Priester der Schmuggler. Sehen Sie, Sie sind gut gekleidet und wohlgenährt wie der Großteil an diesem Gerichtshof. Sollten nicht alle Menschen in Würde leben dürfen? Versuchen Sie mal, auf 2.000 Metern Höhe in Schnee und Eis zu leben, über Monate isoliert, und können nichts für Sie und Ihre Familie zum Essen beschaffen. Würden nicht auch Sie gegen das Gesetz verstoßen?“ Der Anwalt bat um Entschuldigung und wurde sein Freund.
Ein hartes Leben auch für ihn, in Europas höchster ständig bewohnter Gemeinde, im Winter für Wochen und Monate eingeschneit und isoliert. Nur für harte Männer, mit „tre palle“ eben (Ein „Mann mit drei Eiern“ bedeutet im Italienischen ein besonders harter Kerl). Seine Vorgesetzten wollten Don Alessandro nach einigen Jahren wieder in seine ursprüngliche Pfarrgemeinde zurückholen. Er winkte dankend ab mit den Worten „lieber ein Hahn in Trepalle als eine Henne in Como“.
Don Alessandro ließ dann auch mal belastende Buchhaltungen vor der Finanzpolizei verschwinden, gewährte ohne Ansehen der Person hilfesuchenden Partisanen, Juden und S.S.-Offizieren Unterschlupf und brachte sie zur Schweizer Grenze.
Nach Trepalle gelangte nach Kriegsende 1946 der Schriftsteller Giovannino Guareschi. Er schloss schnell Freundschaft mit Don Alessando (vgl. Seite 39 im untenstehenden Buch), dessen rebellisches Wesen ihn zur Schaffung seiner Romanfigur Don Camillo inspirierte, die anschließend verfilmt wurde.
Später erdichtete Guareschi noch eine weitere Romanfigur Don Candido (die jedoch nicht mehr die gleiche Berühmtheit wie Don Camillo erlangte) und ließ sie in einem imaginären Dorf namens Trebiglie spielen – der literarischen Abwandlung von Trepalle.
Eine kleine Anekdote
Im August 1958 schaute der Kardinal Roncalli bei Don Alessando in Trepalle vorbei und leerte mit ihm zwei Gläschen Courvoisier. Jener Kardinal wurde im Oktober des selben Jahres zum Papst Johannes XXIII gekürt. Don Alessando beschwerte sich dann bei ihm, dass er zum Ende der Welt geschickt worden sei. Des Papstes Antwort lautete: "Beschwer dich nicht, auf dieser Höhe hörst du den Herzschlag der Engel, und dafür solltest du dem Herrn danken." Don Alessandro schenkte dem Papst dafür eine ganze Flasche Courvoisier; dieser bedankte sich persönlich beim freundlichen Pfarrer aus Trepalle.
Eine kleine Gedenktafel an diesen denkwürdigen Besuch befindet sich links im Windfang der Kirche in Trepalle.
Auf den Spuren von Don Camillo
Mehr interessante Details über Don Camillo sowie über Livignos Geschichte im Reiseblog Altwerden kann ich später.
Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 9.2.2021: Wo der wahre Don Camillo predigte
Gedenkschrift über Don Alessandro
Teil 1 von 3
Seiten 1 bis 46
Teil 2 von 3
Seiten 46 bis 80
Teil 3 von 3
Seiten 80 bis 127